Februar
Auch im Februar verweilen die Wisente nahe an den Futterstellen. Sie bilden große Wintergruppierungen, die einige Dutzend Stück zählen. Ein Teil der Bullen bildet separate, kleinere Gruppierungen an anderen Orten oder wandert allein durch den ganzen Urwald.

März
Schrittweise werden die großen Gruppen immer instabiler und zerfallen in kleinere Gruppen, die längere Wanderungen auf der Suche nach natürlichem Futter machen. Wegen des Mangels an natürlichem Futter, das ihren Bedarf nicht voll decken würde  kehren sie jedoch züruck zu den Futterstellen. An wärmeren Tagen nutzen die Wisente intensiv die Baumrinde und den Baumbast ab, was eine Bedrohung für die jungen Waldbestände ist, die sich in der Nähe der Winterschutzstellen befinden.

April
Nur einige Wisente befinden sich noch an den Futterstellen. Die Mehrheit macht sich in kleineren Gruppen auf die Wanderung durch den Urwald. Diese Gruppen, die haben eine durchschnittliche Stärke von 15 Tieren, Kühe, zwei bis drei Jungtiere, Kälber und in der Regel etwa zwei bis drei Bullen. Die Zusammestellung und die Größe der Gruppen unterliegt zahlreichen Veränderungen. Ein Teil der Veränderungen ist saisonbedingt (Kalbsgeburten, das Anschließen der Bullen während der Brunst), andere ergeben sich aus den Verbindungen verschiedener Herden, die anschließend zerfallen, wobei neue Strukturen in der Herde entstehen. Die Führerin der gemischten Gruppen ist meistens eine ältere Wisent-Kuh die ein Kalb führt.

Mai
Der Frühling ist voller Blüten. Es beginnt die Zeit der Geburten, die bis Juli dauert, manchmal kommen auch spätere Geburten vor. (August - September). Die Wisent-Kuh gebärt nach ca. 9 Monaten der Schwangeschaft ein Kalb. Zwillingsgeburten sind eine Seltenheit. Die Kuh verlässt vor der Geburt die Herde und kehrt mit dem Kalb nach ein paar Tagen zurück. Die Säugezeit dauert gewöhnlich ein Jahr, obwohl man auch Fälle des Saugens von 2-3-jährigen Jugen kennt. Die Wisent-Kühe sind sehr fürsorglich und in dieser Zeit ist es besser sie aus sicherer Ferne zu beobachten, denn sie können besorgt um ihren Nachkommen den Eindringling angreifen. Ein Wisent kann auf einer kürzen Strecke die Geschwindigkeit von 40 km/h erreichen!

Juni
Der Wald ist in seiner Vollblüte. Tiere finden problemlos das zum Leben Nötige und suchen intensiv nach Futter. Die Nahrungsgrundlage der Wisente bildet die Pflanzenwelt des Waldbodens, sie weiden aber auch gerne in offenen Gebieten. Der Wisent ist der am wenigsten wählerische Pflanzenfresser, der den Urwald von Białowieża bewohnt. Jedoch kann er nur in solchen Wäldern existieren, in denen zu verschiedenen Jahreszeiten das Futter reichlich vorkommt. Die Zeit des Kalbens dauert.

Juli
Sommer. Junge Wisente kommen noch auf die Welt, doch gleichzeitig verläuft schon die Vorbereitung auf die Brunftzeit. Ein großer Kummer sind für in dieser Zeit die Schwärme  blutsaugender Insekten (Fliegen, Dasselfliegen, Mücken) die der Herde folgen. In den Tagesstunden verbergen sie sich daher im dichten Jungwald, und suchen das Futter am Abend oder am frühen Morgen.

August
Die Brunftzeit beginnt. In den Herden der Wisent-Kühe und der Jungtiere erscheinen erwachsene Bullen. Ihr Auftreten ist in den einzelnen Gruppen nicht stabil. Der Wisent umwirbt die gewählte Kuh zwei bis drei Tage. Nach der Besamung wechsen die Bullen die Gruppe auf der Suche nach den Wisent-Kühen in der Brunft. Die Bullen brüllen nicht, sondern geben spezifische klangvolle Töne ab. Zu Kämpfen zwischen den Wisenten kommt es selten, weil schwächere Bullen gewöhnlich kampflos nachgeben. Zu offenen Kämpfen kommt es nur zwischen Konkurrenten ähnlicher Stärke.

September
Sommerende. Bei Wisenten dauert die Brunftzeit. Wenn man einem Wisent begegnet ist es besser ihm möglichts schnell aus dem Wege zu gehen. Die Bullen sind in dieser Zeit erregter und können gefährlich sein. Die Periode der intensiven sexuellen Aktivität der Wisente ist relativ kurz, sie beginnt im Alter von 6 und endet im Alter 12 von Jahren. Junge Bullen werden zur Vermehrung durch die älteren nicht zugelassen. Die Wisent-Kühe können bis zu ihrem Lebensende Kälber gebären. Die Bullen leben im Durschnitt 20, die Kühe etwa 25 Jahre.

Oktober
Der Herbst beginnt. Die Wisente finden immer noch natürliches Futter, aber schauen immer häufiger an den Futterstellen vorbei und überprüfen den Gehalt der Kirrungen. Die verspätete Brunst dauert noch, manchmal kommt es zu späten Geburten, aber die Wisente bereiten sich schon auf die schwere Winterzeit vor.

November
Immer mehr Wisente sammeln sich bei den Futterstellen und nutzen das dort gelagertes Futter (meistens Heu). Einzelne Tiere verlassen das Gebiet des Urwaldes und weiden auf den Feldern. Dabei richten sie manchmal beträchtliche Schaden an.

Dezember
Der Winter beginnt. Die meisten Wisente verweilen  in der Nähe der Futterstellen und nutzen die für sie bestimmte Vorräte. An wärmeren Tagen versuchen sie noch natürliches Futter zu finden (vor allem Baumrinde und Baumschösslinge), das jedoch in immer kleineren Mengen vorkommt. Durch intensive Fütterung wird in großem Maße das Überleben dieser für jedes Tier schweren Zeit erleichtert.